Kleinkram

Zuerst hatte ich diesen Artikel in der Alpine Post Nummer 4 von 2008 veröffentlicht. Da offensichtlich immer noch Informationsbedarf zu diesem Thema besteht, soll der Artikel nun auf unserer WebSite für Klarheit sorgen:

„Meine Zeit mit dem Gordini“ begann vor fast vierzig Jahren und damals wurde der Begriff „TÜV“ für mich zum Synonym für Schwierigkeiten. Die Geschichte vom defekten Simmerring des Stirndeckels ist amüsant wie auch passend, an dieser Stelle erzählt zu werden, zumal da sie durchaus noch aktuell ist. Vor dem TÜV-Termin war die Zeit zu knapp für den Austausch des Simmerrings und so kam ich auf die Idee, mit kaltem Motor vorzufahren. Die Viskosität des Öls sollte mir helfen. Am Abend vor dem Termin stellte ich den Wagen ganz nah beim TÜV ab, kroch (wieder einmal) darunter und putzte die Unterseite des Motors trocken. So blieb der Gordini über Nacht dort. Am Morgen darauf fuhr ich ihn mit kalter Maschine die kurze Strecke aufs TÜV-Gelände und stellte den Motor gleich wieder ab. So gelang es mir - mehr schiebend als fahrend – das Öl zurück zu halten und den TÜV-Beamten zu „überlisten“. Dieser (aus der Not geborene) Tipp sei aber nicht zur Nachahmung empfohlen. Öltropfen an Motor und Getriebe sind jedoch ein gutes Argument für regelmäßige Pflege der Mechanik allgemein.
     Ein oft zitiertes Problem betrifft die Handbremse der A110. Über ihre schwache Wirkung hier zu berichten, hieße „Eulen nach Athen zu tragen“. Wer kennt das Problem nicht ?! Doch so schwer ist es hierbei gar nicht, Abhilfe zu schaffen. In erster Linie sollte klar sein: sorgsame Montage und schonender Umgang mit allen ineinander wirkenden Komponenten hilft, eine ordentliche Basis zu schaffen. In meinem früheren Artikel über die „Gr.4-Bremse“ legte ich bereits dar, inwiefern eine optimal gewartete Serien-Bremse weitaus besser als ihr Ruf ist. Zum Spiel des Handbremsgriffs bleibt nachzutragen, nach welchem Schema ich bei der Einstellung vorgehe: Hinten links – rechts – links einstellen. So wird erreicht, dass das Seil auf beiden Seiten gleichmäßig gestrafft wird. Bei dieser Prozedur wird nach alter Regel der Griff bis zur dritten Raste gezogen --- nach meiner Regel sollen schon in der ersten Raste die Räder soeben schleifen. Dann die Bolzen am Bremssattel wieder einen „Hauch“ herausdrehen.

Zur vorgenannten Ausgangs-Basis für das Funktionieren der Bremse gehört auch, dass alles aus Gummi innerhalb der Brems-Aggregate irgendwann einmal erneuert werden muss. Oft geschieht dies an den Bremssätteln. Besser ist ein Total-Austausch, also auch am Hauptbremszylinder und (wenn es ginge) auch am Bremskraft-Begrenzer der Hinterachse. Für letztgenannten gibt es keine Gummiteile. Glücklicherweise bietet Mecaparts ein Ersatzteil an. Alternativ kann man auch ein T-Stück verwenden wie bei der „Gr.4-Bremse“. Doch Vorsicht! Durch den unbegrenzten Durchlass nach hinten bekommt das Fahrzeug eine veränderte Brems-Charakteristik: beim Abbremsen in der Kurve steigt die Tendenz zum Übersteuern.
     Grundsätzlich ist zu bedenken, dass das Austauschen der Dichtringe irgendwann ein Ende hat und neue Sättel erforderlich sind. Denn wie jedes Metall „altert“ auch Aluminium und nach –zig Jahrzehnten wechselhaften Einsatzes besteht das Risiko zum Materialbruch (siehe Foto!)
     Die meisten Berlinette-Fahrer wissen wohl Bescheid über die unterschiedlichen Gummiringe der Bremssättel. Doch mancher ist unsicher, ob er die RUNDEN RINGE alten Typs gegen die ECKIGEN neueren Typs austauschen kann. Dem Augenschein nach ist der Einstich im Alu-Sattel für beide Typen gleich dimensioniert. Dem ist aber nicht so: RUND muss durch RUND und ECKIG durch ECKIG ersetzt werden. Wer durch den Verlust der Ringe ratlos ist, dem bietet sich eine einfache Methode der Orientierung. Jeder Bremssattel von Dauphine über R8 bis A110 weist nämlich eine Markierung auf, die offensichtlich für die werkseitige Montage vorgesehen war.

Der Merksatz hierzu lautet:
RUNDE Markierung = RUNDER Ring, ECKIGE Markierung = ECKIGER Ring. Ich habe vergessen, von wem dieser Tipp stammt, aber er hat sich über die Jahre stets als zutreffend erwiesen.
Beim aufmerksamen Studium auf Seite 43.40 im Teile-Katalog P.R.837 des R8 Gordini fällt auf, dass der RUNDE Ring anschließend durch den ECKIGEN ersetzt wurde. Warum es zu der Änderung kam? Ich denke, dass der runde Ring sich weniger „verwindet“, da er „rollen“ kann. So fällt das sogenannte „Lüftungsspiel“ zwischen Bremsscheibe und Bremsklötzen geringer aus als beim späteren eckigen Ring, der in sich mehr Rückspannung aufbaut.


Mancher hebt alte Aggregate wie Bremssättel oder Bremszylinder auf, um sie später neu zu bestücken. Dazu sollen sie frei von Bremsflüssigkeit sein, denn diese nimmt Luftfeuchtigkeit auf, was wiederum zum Rosten der metallenen Teile führt. Kolben, Federn und Entlüfter sind möglichst separat in Petroleum und die neuen Gummiteile stets in Papier oder Pappe, dunkel und temperatur-neutral aufzubewahren.

Ein großes Problem beim Restaurieren ist es, wenn mit dem Fahrzeug gelieferte Teile nicht zueinander passen (wollen). Nicht selten trifft das bei all dem zu, was der Verbindung zwischen Handbremsgriff und den Bremssätteln dient. Ein Element greift ins andere: der Griff führt über das Primärseil an die hintere Hebel-Einheit. Von dort führt das Sekundärseil an die Bolzen der Bremssättel links und rechts. Erinnern wir uns: seit Einführung der Scheibenbremse wurden von Dauphine über R8 bis hin zur Alpine 110 die Anschlussteile sowie auch die Seile mehrfach verändert. Die Vielfalt der Möglichkeiten führt nur theoretisch zu Schwierigkeiten. In der Praxis ist’s eher die schlechte Verfügbarkeit der entsprechenden Teile, die die Wahl zur Qual macht. Man muss „nur“ wissen, was wie zueinander gehört, bzw. wie man sich mit den Gegebenheiten (be)helfen kann.
Die Abbildungen geben gewiss einen Eindruck von der Vielfalt der Ausführungen. Bei Fragen dazu bin ich gern bereit, auf Anruf Hilfestellung zu geben.

Edgar Treiser




Forever young - unsere GordAlpine



Die Dauphine führt in der Reihe der Renault-Modelle seit langem ein Schattendasein. Dabei ist sie doch ein Meilenstein in der Renault-Geschichte – erstes Großserienauto mit Scheibenbremsen an allen 4 Rädern. Im technischen Konzept eine klare Fortführung des 4CV Crèmeschnittchen, lässt ihre „Figur“ auch schon eine Ahnung aufkommen über das folgende Modell, den R8.
Interessant ist auch die Verwandtschaft mit ALPINE: Das typische Front-Design der Dauphine-„Nase“ zierte auch die Alpine A108 (1957 – 1964) und wurde schließlich auch von der A110 übernommen.
Insofern könnte man die A110 auch als ein „Dauphine-Coupé“ bezeichnen.

Vor vielen Jahren schon dachte ich, warum nicht unserer Dauphine ein Porträt widmen!? Ist sie doch in der Tat eine ganz besondere Dauphine – unsere „GordAlpine“. Seit ihrer Restauration hat sie sich immer von ihrer besten Seite gezeigt, ist stets einsatzbereit, springt sofort an und läuft gleich „rund“. Beschleunigung und Spitzengeschwindigkeit liegen weit über dem Standard einer DAUPHINE GORDINI. „Star-Allüren“ sind ihr fremd und eine besondere Behandlung gibt’s nicht. Ihre Pflege besteht aus Ölwechsel, Zündungs-Kontrolle und Abschmieren, nicht mehr. Ist ein zweiter Wagen nötig, muss sie ran, ob es regnet oder stürmt.
Als ich um 1965 in Koblenz lebte, gingen einige billigst erstandene Dauphine Gordini durch meine Hände. So erklärt sich wohl meine „Gordini-Besessenheit“. Zur selben Zeit wurde unsere heutige Dauphine in Frankreich gebaut und es dauerte dann bis etwa 1986, als sie mit Kilometerstand 59.000 in unsere Hände gelangte. Wir kauften sie im Wissen, dass eine Restauration anstand, aber vorher ließ sie sich immerhin schon auf der Straße bewegen. Richtig „bewegend“ war das nicht, denn als Dauphine Gordini R1095 mit 36 DIN PS bedeutet es heutzutage, auf der Autobahn zwischen den LKW auf der rechten Spur „festzuklemmen“. Also ab in die Werkstatt und zum Start der „Metamorphose“ erstmal ran ans Blech. Äußerlich ganz leidlich, kam beim Abbauen der Kotflügel der große Schreck. Dauphine-Besitzer wissen, was ich meine, denn die darunter verborgenen Stehbleche sind meistens nur noch Fragmente. Zum Glück war die sonstige Substanz überwiegend in tadellosem Zustand. Es wurde darüber Juni 1990, bis unsere R1095 zum Lackierer rollte.

Zu dieser Zeit wickelten wir gerade die Übernahme der verbliebenen Alpineteile in Spanien ab. Beim Sortieren solch edler Teile wie Ansaugbrücke, Nockenwelle und Ventilfedern der A108 Cabrio war schnell eine neue Idee geboren und meine Planung begann: Kein 8G, A5 oder 1600er Motor sollte eingebaut werden. Nein, ich wollte den Serienmotor mit den uns glücklicherweise „zugefallenen“ Teilen der A108 Cabrio veredeln und total neu aufbauen.

Folgende Leistungsbilanz zeigt, wohin der Weg gehen sollte:
Dauphine Gordini:
R1095: 36 PS (DIN) und 650 kg
R1093: 49 PS (DIN) und 655 kg, Dieser Motor war Basis für die A108 Cabrio
A108 Cabrio:
850 ccm: 40 PS (SAE) und ca. 600 kg
904 ccm: 59 PS (SAE) und ca. 600 kg
Circa 50 DIN-PS bei 650 kg erwartete ich als Ergebnis meiner Tuning-Maßnahmen. Das entspricht einem Leistungsgewicht von 13 kg pro PS. Aber die Straßenlage! – kam es mir in den Sinn. Mit Blick auf den dünnen Draht, der Querstabilisator genannt wird, erinnerte ich mich deutlich an meine „Dauphine-Vergangenheit“: im Westerwald nicht nur einmal „rausgeflogen“ und Hinterachse demoliert, in Bochum ein Dreher auf der Straße – wieder war das Heck weggewischt. Unter diesen Eindrücken stellte ich eine klare Planungs-Linie auf: äußerlich sollte es eine reine Dauphine R1095 bleiben, unter dem Blech aber musste sich zum Spezialmotor auch ein Spezial-Fahrwerk gesellen und dazu gleich noch ein Getriebe, das drehzahlschonendes Fahren ermöglicht. Also legte ich 1991 erstmal mit dem Fahrwerk los.
Ein großer Vorteil war unser vorhandenes Ersatzteil-Kontingent. Schnell kam ich zur Überzeugung, dass die Achsen des R8 die beste Wahl sein würden. So wurde also aus „Dauphine“ unten herum „R8“.

Vorderachse
Von den Schwingen über Achsschenkel und Radnaben bis zum Querstabi mit 18 mm Durchmesser: alles Neuteile. Zu meiner Überraschung zeigte sich, dass bei der Dauphine von 1965 bereits die Traverse des R8 eingebaut war. Also war keine Schweißarbeit erforderlich. Zur Erklärung: Das Foto der Traverse zeigt, dass beide „Augen“ vorhanden sind. Die äußeren sind für die Achsschwingen der Dauphine, die inneren für die von R8 und A110. Also innen die zwei fehlenden Rohre einschweißen – und gut.


Als „Wermutstropfen“ stellte sich aber heraus, dass die Bohrungen zur Befestigung der unteren Achsschwingen soweit innen liegen, dass sich mit den R8-Schwingen ein positiver Sturz ergäbe. Eine Lösungsmöglichkeit besteht darin, die Löcher im Maße wie bei A110 nach außen zu versetzen. Ich zog es vor, stattdessen den „Dangel-Kit“ zu montieren, von uns seit –zig Jahren hergestellt. Damit war der Weg frei für einen leicht negativen Radsturz wie bei R8 Gordini und Alpine.
Bei soviel Aufwand zum Ziel eines optimierten Fahrverhaltens konnte ich die Lenkung nicht auslassen. Um das Kurbeln am Lenkrad zu reduzieren bietet sich der Einbau einer kürzeren Lenkung mit 7 Zähnen an. Gedacht - getan, denn so eine R8G-Lenkung war vorhanden. Hinzu kam gleich ein moderner Spurstangensatz mit Radialgelenk.

Die Hinterachse profitierte ebenfalls von unseren Neuteilen für R8: Kreuzgelenke, Steckwellen, Achsrohre und Radnaben. Bei den Nadellagern tauschte ich die Nadeln gegen unsere Buchsen aus, da das letztlich die Zapfen vor dem Einarbeiten der Nadeln schützt. Leider ließen sich nicht die Schubstreben einbauen, da der Tank rechtsseitig im Wege ist. Die Möglichkeit von Zugstreben, die hinter der Achse liegen, konnte ich (bisher) nicht realisieren.
Vorne wie hinten baute ich Achsfedern des R8 Major mit KONI-Stoßdämpfern ein, die ursprünglich für die Vorderachse der Alpine 1600SC vorgesehen sind (!).

Die meisten Neuteile wurden verzinkt und pulverbeschichtet.
Auch die Bremsanlage stattete ich – einmal in „Spenderlaune“ - völlig mit neuen Aggregaten aus. Als Hauptbremszylinder wählte ich den Zweikreis-Zylinder der A110, übrigens in den USA beim R10 serienmäßig. Der Einbau erfordert lediglich zwei Gefäße für die Flüssigkeit. Für die vordere Bremse nahm ich die stabilen Bremssättel von Mecaparts, hinten nahm ich originale, aber neu.


Fürs Getriebe stand wieder der R8 Pate. Ich nahm ein neues 330-40 mit Übersetzung 8x33. Diese Übersetzung ist länger als die der Rallye-Dauphine R1093. Das hat zwar einen leicht reduzierten „Antritt“ zur Folge, aber dafür auch eine reduzierte Drehzahl beim Ausdrehen des 4. Ganges.


War der Weg zu unserer „Gordalpine“ nun zwar vorbereitet, gab es doch erst wieder eine Pause bis zum Jahr 1998 (bei km 63.275). Dann erst nahm ich den originalen Motor 670-05 in folgende Kur:

- Der nackte Block wurde entrostet und sämtliche Grate im inneren Strömungsbereich wurden geglättet.
- Kolben von 60 mm Bohrung mit erhöhtem Kolbenboden erleichterte ich und glich sie im Gewicht an. Mein Freund überdrehte die Außenkontur fachgerecht.
- Die Schwungscheibe ließ ich erleichtern und zusammen mit der (alten) Kurbelwelle feinwuchten.
- Die Pleuel erleichterte ich unter Berücksichtigung der Massen-Verteilung um je 40 Gramm.
- Die Steuerzeiten der serienmäßigen Nockenwelle von Dauphine Gordini (7-45-45-7) sind schon etwas „schärfer“ als die der Dauphine. Ich hatte glücklicherweise eine Welle der R1093 mit den Steuerzeiten 9-45-50-7 zur Verfügung. Dazu montierte ich die doppelten Ventilfedern der A108 Cabrio und rüstete die Kipphebeleinheiten an Stelle der Federn mit Distanzstücken zwischen den Kipphebeln aus, um die Reibung zu reduzieren.
- Neue Stößeltassen unterzog ich einer Erleichterungs-Kur durch Kürzen und Ausdrehen. Zusätzlich versah ich sie mit einer Schmierbohrung wie beim R8 Gordini.
- Die Ventile ließ ich im serienmäßigen Tellermaß von 28,2/25,0 (Ein/Aus), wählte aber die Ausführung mit speziellen Keilen, die ein Drehen in den Sitzen ermöglichen. Der Ventilhub (Ein/Aus) ist bei der Dauphine 5,75/6,0. Bei der Dauphine Gordini beträgt er 6,0/6,0. Bei meinem Umbau maß ich 7,56/6,23.
- Spezielle Zylinderkopfdichtungen von lediglich 0,65 mm Dicke wie bei R1093 hatte ich verfügbar. Die Höhe des Zylinderkopfes ließ ich serienmäßig, um ihn später nötigenfalls noch etwas schleifen zu können. Ich schätze die Verdichtung auf etwa 9,5 :1.
- Die Krümmereinheit von der spanischen A108 Cabrio ist nicht nur etwas fürs Auge. Mit dem Bressel-Registervergaser 28/36 DVD (Lizenz Weber) steigt die Leistung gegenüber der Rallye-Dauphine R1093 weiter an. Der hübsche Spezial-Luftfilter stammt ebenfalls von der Alpine aus Spanien.
- Weiter mit spanischen Accessoires geht es beim Zündverteiler, hergestellt von FEMSA für die Alpine. Ich verwende wahlweise diesen FEMSA-Verteiler und einen BOSCH-Verteiler. Der deutsche scheint mir unten herum für besseres Drehmoment zu sorgen. Genaue Messdaten müssten noch „erfahren“ werden.

Die Aggregate der Peripherie wurden von mir allesamt als Neuteile eingebaut, also von der Ölpumpe über die Ölfilteranlage „Purflux“ (im Nebenstrom) bis zur Wasserpumpe in ausgesuchter Qualität und weiter bis zur elektrischen Benzinpumpe (6 Volt), die ich verdeckt unterbrachte, damit der „klassische“ Charakter erhalten blieb.

Ich ließ eine neue Original-Kupplung um drei weitere Federn verstärken. Natürlich kam ein neuer Wasserkühler mit Kupfernetz hinein, gleichfalls die Schläuche in besonderer Qualität.


FAHR-EINDRÜCKE
Die ersten Fahrten liegen schon so weit zurück, dass ich zur Erinnerung meine Eintragungen zuhilfe nehmen muss. So lautet meine allererste Notiz vom Februar 1998: „Sehr gutes Anspringen, sehr guter Motorlauf, ABER unten herum zäh“
Verständlich, denn es war noch vor Abschluss der Einfahrphase. Die weiteren Notierungen bis Ende 1999 zeigen viel Anpassungs-Arbeiten von Zündung und Vergaser. Letztlich hatte ich auf meinen Messfahrten als maximale Geschwindigkeit immer 150 auf dem Tacho erreicht. Gerne würde ich mich noch weiter mit Feinabstimmungen befassen, doch fehlt mir dazu die Zeit. Weit aussagekräftiger als alle Maßangaben sind die Fahreindrücke am Steuer. Erstaunlich ist das Verhalten in der Kurve, z.B. beim schnellen Abbiegen und an Autobahnkreuzen und Abfahrten. Das Übersteuern setzt erst spät und weich ein, also sehr gut zu kontrollieren. Im zweiten Gang sind Drifts möglich, im dritten sollte das Drehmoment dazu etwas höher ausfallen. Offensichtlich ist dieses hervorragende Verhalten dem vorderen Stabilisator zu verdanken. Aber auch der Dangel-Kit und unsere Gleitlagerung der Achsrohre wirken sich hier positiv aus. Im heutigen Straßenverkehr kann man mühelos „mitschwimmen“ und an den Ampeln manchen Zeitgenossen zum Staunen bringen. Ein geeigneter Vergleichswert ist der sogenannte „stehende Kilometer“, also die Beschleunigungszeit einen Kilometer lang gemessen. Gegenüber der serienmäßigen Dauphine R1095 mit 44,6 Sek. braucht unsere „Gordalpine“ dafür 38 Sekunden. Der Wert liegt knapp unter dem der Rallye-Dauphine R1093, natürlich wegen der langen Übersetzung. Die Bremse verzögert dank der Mecaparts-Bremssättel und wegen des „Leichtgewichts“ der Dauphine exzellent.


Ein Punkt zur Verbesserung bleibt die Motorkühlung. Bei Geschwindigkeiten über 120/130 km/h im Sommer geht die Temperatur an die Grenze zum ROT. An den seitlichen Schlitzen wird zu wenig Luft „eingefangen“, die zudem unter dem Fahrzeug derart verwirbelt wird, dass dem Kühler nur wenig zugeführt wird. Deshalb habe ich eine GFK-Platte montiert, durch die ich für den nächsten heißen Sommer Besserung erhoffe.
Für Puristen gehört GFK zwar so wenig zu einem Blechauto wie Blech zu einem aus Kunststoff. Mich störten aber die Papp-Platten im Bereich des Kühlers so sehr, dass ich sie durch solche aus Polyester ersetzte. Auch für die beiden Bodenwannen aus Blech hatte ich Formen für eine GFK-Variante hergestellt, die zudem auch bei R8 und Caravelle passen.
Ich prüfte den NARDI-Schalldämpfer mit sportlichen Doppelrohren (A108 Cabrio), befand aber, dass er optisch nicht zum „burschikosen“ Auftritt der Dauphine passt. Am Lager war ein Schalldämpfer aus USA, dezent im Stil aber mit kräftigem Klang und sehr guter Leistung.
Aus purer Neugier montierte 13-Zoll-Felgen der FASA A110 erwiesen sich für die Beschleunigungswerte als vorteilhaft. Stilistisch gefallen aber die Felgen vom R8G im Maß 4,5 x 15 Zoll besser. Pro Felge ergibt das etwa 10 Millimeter Spurverbreiterung, pro Achse immerhin 2 Zentimeter. Auf die Radkappen verzichte ich, weil sie mir zu „brav“ aussehen.

Im Innenraum änderte ich kaum etwas. Die Handschuhfächer ließ ich schwarz beziehen und endlich ist nun auch der Drehzahlmesser montiert, den ich vor etlichen Jahren auf einem Markt fand. Was ich seit langem vermisse, sind in der Lehnenneigung einstellbare Sitze wie sie für die Dauphine ONDINE existierten. Ich habe also noch Träume, aber ein paar Rostecken signalisieren, dass ernsterer Handlungsbedarf besteht.

Bei Interesse an den ausgebauten Originalteilen bitte anfragen.



Faszination

Folgenden Artikel schrieb ich 1980 für die ALPINE POST. Es war ein Rückblick auf das Jahr 1969 – eine Zeit, als auf den Straßen sozusagen noch „das Faustrecht“ galt. Hier herrschte ein Kampf gegeneinander, BMW gegen ALFA wie heute nach dem „Revier-Derby“ der BVB- gegen den Schalke-Fan. Und für einen Liter Benzin gab man damals 60 Pfennig (30 Cent). Besonders „exotisch“ war es, mit einem unscheinbaren Wagen wie dem R8 anzutreten. Als Gordini war er der „Wolf im Schafspelz“, in der Zeitschrift HOBBY auch „APO-Wagen“ genannt.

Kaum jemand hatte wahrgenommen, dass ein Monsieur Jean-Luc Therier die Rallye Monte Carlo als 5. im Gesamtklassement abgeschlossen hatte. Mit einem, ja – einem R8 Gordini! Als sich mir damals eine Testfahrt mit diesem allgemein unbekannten Fahrzeug bot, war ich sofort dabei.

"Na, einer von der langsamen Sorte ist das wahrlich nicht. Die Räder schauen seitlich fast heraus, innen geht es sportlich-spartanisch zu, hinten mündet ein dickes Auspuffrohr... Aber diese Übertreibung beim Tachometer: 200 km/h! Im Grunde ist es doch immer noch ein R8, wenn auch ein aufgemöbelter." Das sind meine Gedanken, während ich mich auf dem Beifahrersitz einrichte. Dass ich denselben Sitz eine mehrstündige Fahrt später gar nicht mehr verlassen möchte - das weiß ich ja noch nicht.

Zunächst vernehme ich einen Sound, wie ich ihn von einem 2- bis 3-Literwagen sportlichen Kalibers erwarten würde, nicht von einem Motor von gerade 1300 ccm. Das Grollen erweckt Hoffnungen und eine leise Vorahnung, doch Skepsis und Zweifel haben noch die Oberhand, während die XAS 165-HR-13 langsam ins Rollen kommen. Der Fahrer schätzt den Motor, denn er gönnt ihm anscheinend eine Warmlauf-Phase. Im Bereich von 4500 UpM pendelt die Nadel des Drehzahlmessers, während wir im Strom der anderen Fahrzeuge dem Stadtrand zustreben. Ich schnappe einige belustigte Blicke auf, die dem martialisch auftretenden R8 gelten. Vielleicht schwingt auch Mitleid mit, Mitleid für uns Insassen, die augenscheinlich ein betagtes Konzept durch sportliche Aufmachung wettmachen wollen. Ein Jahr später musste dieser Hecktriebler seinen Platz für die neue Garde der Fronttriebler (R12 Gordini) räumen.

Die Öltemperatur liegt nun bei 70 bis 80 Grad und, während der Drehzahlmesser öfter die 6000 UpM-Marke erreicht, beginne ich, um das Wohl des Motors zu bangen, denn obwohl er sich recht temperamentvoll aufführt, scheint mir sein Ton doch besorgniserregend. Wir erreichen die letzte Ampel vor der Autobahn. Während wir auf "grün" warten, erfahre ich, dass "unser" Motor statt serienmäßiger 88 DIN-PS sogar 100 bis 105 hat. Neugier verdrängt nun meine anfängliche Skepsis. Ich versuche, den Blicken des KADETT-Fahrers neben uns auszuweichen, der seiner Eile durch häufiges Gas-Geben Ausdruck verleiht. Ich solle jetzt einmal aufpassen, höre ich gerade noch die Stimme links neben mir: während die Ampel auf "grün" springt, scheint sie auch schon mit einem Ruck unterzutauchen. So stark werde ich in den Sitz gedrückt! Ich empfinde nur noch Beschleunigung, Schalten, ein Wegwischen des Hecks in der Linkskurve - erst vor der weiten Rechtskurve zur Autobahn erlange ich das Gleichgewicht wieder. "Wo steckt denn der KADETT 1900" - schaue ich fragend zurück. Hätte ich nicht tun sollen, denn der Gordini wirft sich in den Kreisel der Auffahrt. Die anschließende Gerade ist trotz der vehementen Einfahr-Beschleunigung eine Erholung, sie durfte keine Sekunde später kommen.

".... Michelin FF auf der Hinterachse...“ höre ich, während ich meinen Blick auf den Horizont fixiere. Anscheinend eine Erklärung für die hohe Kurvengeschwindigkeit. Ich dachte, zu so etwas seien Rennreifen erforderlich?! Bei 5000 Umdrehungen und 140 km/h glaube ich, das Chaos sei nun überstanden. Aber was ist jetzt wieder?! Tacho und Drehzahlmesser laufen um die Wette! Liegt das an dem Mercedes 250S, der von hinten lichthupend aufschließt? Gut, gut - 6000 UpM und 170 km/h, das ist doch was für das kleine Motörchen! Jetzt reicht's eigentlich - und da ruckt es auch schon. "Aus", denke ich, "aber warum beschleunigt der Wagen weiter, statt klappernd auszurollen?" Die Erklärung von links kommt reichlich spät: "Je nach Fahrweise wird zwischen 6500 und 7500 UpM der 5. Gang eingelegt." Ich vergewissere mich schnell, ob etwa noch ein 6. Gang auf mich lauert. Währenddessen zieht die "blaue Kiste" mit 195 km/h dem Mercedes davon. Das sind übrigens "nur" ca. 186 echte km/h. Während weiterer Erklärungen über mögliche Getriebe-Abstufungen und 4/1-Krümmer zur weiteren Erstarkung der Maschine wird mir dieses blaue Kraftpaket sympathisch, wie es turbinenartig surrend die Autobahn "verschlingt". Betont gleichgültig erwidere ich fragende Blicke, die uns von der rechten Fahrspur häufig treffen. Ich glaube ihn nun zu kennen, den Gordini!

Doch diese Kraft bringt der Gordini natürlich nicht gratis auf den Boden. Ein Ruckeln, das sofort wieder meine Zweifel weckt, gibt dem Fahrer zu erkennen, dass der Tank leer ist. Zu meiner Überraschung lässt er nun aber nicht den Wagen ausrollen, um den Reserve-Kanister hervorzukramen. Er kuppelt aus und greift schnell vor sich auf den Boden. Dort legt er einen kleinen Hebel um, und nach ein paar Sekunden geht das Stottern des Motors wieder in das vertraute Brummen über. Dieser Gordini hat von allem etwas mehr als ein gewöhnlicher Wagen: neben einem 5. Gang also auch einen 2. Tank! Und zwei Tankuhren in einer, denn nach Betätigen eines Kippschalters zeigt sie nun wieder "voll" an. 36 Liter hinten, 24 Liter vorn - das reicht bei zügiger Fahrt für etwa 500 Kilometer.

Obwohl ich mich nun schon sehr wohl im Gordini fühle, freue ich mich doch, mir nach zwei Stunden Fahrt an der Tankstelle die Beine zu vertreten. In den Ohren habe ich noch ein leises Summen vom Dröhnen des Motors. Der verdutzte Blick des Tankwarts beim Füllen von zwei Tanks erheitert, und ich nutze die Pause, um einen Blick in den Motorraum zu werfen. O, la la! Welch ein Eindruck: links vom Öl schwitzenden Alu-Ventildeckel mit dem stilisierten "G" für Gordini knistern die vier gewundenen Rohre des Auspuffkrümmers vor Hitze, während rechts zwei Doppelvergaser in der Sonne blitzen und leichten Benzindunst verbreiten. Mir wird klar, dass sich unter der nüchternen Karosserie eine geballte Ladung feiner Motortechnik versteckt. Ich lasse mir vom Fahrer erklären, was dieses Fahrzeug sonst noch an technischen Raffinessen zu bieten hat: vier Stoßdämpfer an der Hinterachse, einen Brems-Servo, eine kürzere Lenkung und darüber hinaus noch weitere persönliche Verbesserungen wie nach vorn verlegter Wasserkühler, Sportsitze, scharfe Nockenwelle etc. Diese Technik findet man fast identisch bei der Alpine A 110, doch währenddessen werde ich schon ungeduldig, denn ein breiter BMW 1600 macht gerade gewaltig Dampf in Richtung Autobahn.

Es oder besser "ER“ hat mich ganz schön gepackt. Mein Herz klopft laut, als der Gordini all seine 5 Gänge "durchjubelt". In einer der starken Westerwald-Kurven lassen wir auch den BMW-Fahrer von der Tankstelle hinter uns. Und seinen Versuch, uns auf einer abfallenden Geraden von hinten zu "überrollen", da wir auf eine überholende Limousine auflaufen, lässt der Gordini bei freier Bahn zu einer niederschmetternden BMW-Niederlage werden.

Beim Abbiegen am folgenden Autobahnkreuz wird der "Gord", wie er in Frankreich liebevoll genannt wird, vom geradeaus weiterfahrenden BMW-Piloten mit totaler Nichtachtung gestraft. Sicherlich träumt er dabei von einem 1,8Liter-Motor. Wenn er wüsste, dass auch der "Gord" noch eine Option frei hat (1440 ccm)!

Am Ende dieser unvergessenen Fahrt war ich nicht nur ein überzeugter GORDINI-FAN - nein, viel mehr: ich war auf dem Wege, im Monat darauf ein stolzer GORDINI-Besitzer zu werden (im März 1969).


Beim R8 Gordini handelt es sich - abgesehen von der Blechkarosserie - um eine reine Berlinette! Kein anderes Fahrzeug der Regie Renault hatte jemals mehr Gemeinsamkeiten mit einer Alpine. übrigens hat die Marke Alpine ihre größten Sport-Erfolge erst dann errungen, als sie die Konzeption des R8 Gordini für die Berlinette übernahm. Auch die erfolgreichste Alpine, die 1600 S, entsprach in ihrem Fahrwerk noch sehr dem R8 Gordini.

Edgar Treiser



Abschließend eine Tabelle der Gemeinsamkeiten zwischen R8 Gordini und A110:

 Fahrwerk des R8GMotor des R8GGetriebe des R8GLenkung des R8GMotoranordnung des R8G
1300 VCX--XX
1300 G + SXXXXX
1600 SX-verstärktXX